In jüngster Zeit hat die US-Regierung ihre Politik der gegenseitigen Zölle weiter verschärft, Bangladesch und Sri Lanka offiziell in die Sanktionsliste aufgenommen und hohe Zölle von 37 bzw. 44 Prozent verhängt. Dieser Schritt versetzte nicht nur den stark von Textilexporten abhängigen Wirtschaftssystemen der beiden Länder einen gezielten Schlag, sondern löste auch eine Kettenreaktion in der globalen Textillieferkette aus. Auch die US-amerikanische Textil- und Bekleidungsindustrie geriet unter den doppelten Druck steigender Kosten und Lieferkettenturbulenzen.
I. Bangladesch: Textilexporte verlieren 3,3 Milliarden US-Dollar, Millionen Arbeitsplätze stehen auf dem Spiel
Als zweitgrößter Bekleidungsexporteur der Welt ist die Textil- und Bekleidungsindustrie die „wirtschaftliche Lebensader“ Bangladeschs. Diese Branche trägt 11 % zum gesamten BIP des Landes und 84 % zu seinem gesamten Exportvolumen bei und ist direkt für die Beschäftigung von mehr als 4 Millionen Menschen (davon 80 % Frauen) verantwortlich. Indirekt sichert sie auch den Lebensunterhalt von über 15 Millionen Menschen in den vor- und nachgelagerten Industrieketten. Die Vereinigten Staaten sind nach der Europäischen Union Bangladeschs zweitgrößter Exportmarkt. Im Jahr 2023 erreichten Bangladeschs Textil- und Bekleidungsexporte in die USA 6,4 Milliarden US-Dollar und machten damit mehr als 95 % seiner Gesamtexporte in die USA aus. Sie umfassen schnelldrehende Konsumgüter der mittleren bis unteren Preisklasse wie T-Shirts, Jeans und Hemden und dienen als zentrale Lieferkettenquelle für US-Einzelhändler wie Walmart und Target.
Der von den USA verhängte Zoll von 37 % auf bangladeschische Produkte bedeutet, dass für ein Baumwoll-T-Shirt aus Bangladesch, das ursprünglich 10 US-Dollar kostete und einen Exportpreis von 15 US-Dollar hatte, nach der Markteinführung in den USA zusätzliche Zölle in Höhe von 5,55 US-Dollar erhoben werden, wodurch sich die Gesamtkosten direkt auf 20,55 US-Dollar erhöhen. Für die Textilindustrie Bangladeschs, deren wichtigster Wettbewerbsvorteil auf „niedrigen Kosten und geringen Gewinnspannen“ beruht, hat dieser Zollsatz die durchschnittliche Gewinnspanne der Branche von 5–8 % bei weitem überschritten. Nach Schätzungen der Bangladesh Garment Manufacturers and Exporters Association (BGMEA) werden die Textilexporte des Landes in die USA nach Inkrafttreten der Zölle von jährlich 6,4 Milliarden US-Dollar auf etwa 3,1 Milliarden US-Dollar einbrechen, was einem jährlichen Verlust von bis zu 3,3 Milliarden US-Dollar entspricht – was einem Verlust von fast der Hälfte ihres Marktanteils in den USA entspricht.
Noch kritischer ist, dass der Rückgang der Exporte eine Entlassungswelle in der Branche ausgelöst hat. Bisher haben 27 kleine und mittelgroße Textilfabriken in Bangladesch aufgrund von Auftragseinbußen ihre Produktion eingestellt, was zur Arbeitslosigkeit von rund 18.000 Arbeitern geführt hat. Die BGMEA hat gewarnt, dass, wenn die Zölle länger als sechs Monate in Kraft bleiben, mehr als 50 Fabriken im ganzen Land schließen werden und die Zahl der Arbeitslosen 100.000 übersteigen könnte, was die soziale Stabilität und die Existenzsicherheit der Menschen im Land weiter beeinträchtigen würde. Gleichzeitig ist Bangladeschs Textilindustrie stark von importierter Baumwolle abhängig (rund 90 % der Baumwolle muss aus den USA und Indien bezogen werden). Der starke Rückgang der Exporterlöse wird auch zu einem Mangel an Devisenreserven führen, was die Fähigkeit des Landes beeinträchtigt, Rohstoffe wie Baumwolle zu importieren und einen Teufelskreis aus „rückläufigen Exporten → Rohstoffknappheit → Kapazitätsabbau“ zu schaffen.
II. Sri Lanka: Zollsenkungen von 44 % belasten das Endergebnis, tragende Industrie steht kurz vor dem „Kettenbruch“
Im Vergleich zu Bangladesch ist Sri Lankas Textilindustrie zwar kleiner, aber ebenfalls ein Eckpfeiler der Volkswirtschaft. Die Textil- und Bekleidungsindustrie trägt 5 % zum BIP des Landes und 45 % zu seinem gesamten Exportvolumen bei und beschäftigt über 300.000 Menschen direkt. Damit ist sie eine Kernindustrie für Sri Lankas wirtschaftliche Erholung nach dem Krieg. Die Exporte in die USA werden von Stoffen der mittleren bis oberen Preisklasse und Funktionskleidung (wie Sportbekleidung und Unterwäsche) dominiert. Im Jahr 2023 erreichten Sri Lankas Textilexporte in die USA 1,8 Milliarden US-Dollar und machten 7 % des US-Importmarktes für Stoffe der mittleren bis oberen Preisklasse aus.
Die Erhöhung der US-Zollsätze für Sri Lanka auf 44 % macht das Land zu einem der Länder mit den höchsten Zollsätzen in dieser Runde der „gegenseitigen Zölle“. Einer Analyse der Sri Lanka Apparel Exporters Association (SLAEA) zufolge wird dieser Zollsatz die Textilexportkosten des Landes um etwa 30 % in die Höhe treiben. Beispielsweise lag der ursprüngliche Exportpreis pro Meter für Sri Lankas wichtigstes Exportprodukt – „Sportbekleidungsstoff aus Bio-Baumwolle“ – bei 8 US-Dollar. Nach der Zollerhöhung stiegen die Kosten auf 11,52 US-Dollar, während ähnliche Produkte aus Indien und Vietnam nur 9 bis 10 US-Dollar kosten. Die preisliche Wettbewerbsfähigkeit sri-lankischer Produkte ist nahezu vollständig erodiert.
Derzeit haben mehrere Exportunternehmen in Sri Lanka von US-Kunden Mitteilungen über Auftragssperren erhalten. So produzierte beispielsweise die Brandix Group, Sri Lankas größter Bekleidungsexporteur, ursprünglich Funktionsunterwäsche für die US-Sportmarke Under Armour mit einem monatlichen Bestellvolumen von 500.000 Stück. Aufgrund von Zollproblemen hat Under Armour nun 30 % seiner Bestellungen an Fabriken in Vietnam vergeben. Ein anderes Unternehmen, Hirdaramani, erklärte, dass sein Exportgeschäft in die USA innerhalb von drei Monaten Verluste erleiden werde, falls die Zölle nicht aufgehoben würden. Das Unternehmen könnte gezwungen sein, zwei Fabriken in Colombo zu schließen, wodurch 8.000 Arbeitsplätze betroffen wären. Darüber hinaus basiert Sri Lankas Textilindustrie auf dem Modell der „Verarbeitung mit importierten Materialien“ (importierte Rohstoffe machen 70 % der Gesamtproduktion aus). Die Exportsperre wird zu einem Rückstau der Rohstofflager führen, der das Betriebskapital der Unternehmen belegt und ihre operativen Schwierigkeiten weiter verschärft.
III. US-Binnensektor: Turbulenzen in der Lieferkette + steigende Kosten, die Branche steckt im „Dilemma“
Die Zollpolitik der US-Regierung, die sich offenbar gegen „ausländische Konkurrenten“ richtet, hat tatsächlich einen „Rückschlag“ gegen die heimische Textil- und Bekleidungsindustrie ausgelöst. Als weltweit größter Importeur von Textilien und Bekleidung (mit einem Importvolumen von 120 Milliarden US-Dollar im Jahr 2023) weist die US-amerikanische Textil- und Bekleidungsindustrie ein Muster von „vorgelagerter inländischer Produktion und nachgelagerter Importabhängigkeit“ auf – inländische Unternehmen produzieren hauptsächlich Rohstoffe wie Baumwolle und Chemiefasern, während 90 % der fertigen Bekleidungsprodukte auf Importe angewiesen sind. Bangladesch und Sri Lanka sind wichtige Lieferanten von Kleidung der mittleren bis unteren Preisklasse sowie von Stoffen der mittleren bis oberen Preisklasse für die USA.
Die Zollerhöhung hat die Beschaffungskosten amerikanischer Unternehmen direkt in die Höhe getrieben. Einer Umfrage der American Apparel and Footwear Association (AAFA) zufolge beträgt die durchschnittliche Gewinnspanne amerikanischer Textil- und Bekleidungslieferanten derzeit lediglich 3–5 %. Ein Zoll von 37–44 % bedeutet, dass die Unternehmen die Kosten entweder selbst tragen (was zu Verlusten führt) oder auf die Endpreise umlegen müssen. Beispielsweise lag der ursprüngliche Einzelhandelspreis einer in Bangladesch gekauften Jeans bei JC Penney bei 49,90 US-Dollar. Nach der Zollerhöhung müsste der Einzelhandelspreis auf 68,90 US-Dollar steigen, um die Gewinnspanne zu halten – eine Steigerung von fast 40 %. Ohne Preiserhöhung würde der Gewinn pro Hose von 3 auf 0,50 US-Dollar sinken, sodass praktisch kein Gewinn mehr übrig bliebe.
Gleichzeitig hat die Unsicherheit in der Lieferkette die Unternehmen in ein Entscheidungsdilemma gebracht. Julia Hughes, Präsidentin der AAFA, wies kürzlich auf einer Branchenkonferenz darauf hin, dass US-Unternehmen ursprünglich geplant hatten, ihre Risiken durch eine Diversifizierung der Beschaffungsstandorte zu verringern (beispielsweise durch die Verlagerung einiger Aufträge von China nach Bangladesch und Sri Lanka). Die plötzliche Verschärfung der Zollpolitik hat jedoch alle Pläne durchkreuzt: „Die Unternehmen wissen weder, welches Land als nächstes von Zollerhöhungen betroffen sein wird, noch wissen sie, wie lange die Zölle anhalten. Sie trauen sich nicht, ohne weiteres langfristige Verträge mit neuen Lieferanten abzuschließen, geschweige denn, Geld in den Aufbau neuer Lieferkettenkanäle zu investieren.“ Aktuell haben 35 % der US-Bekleidungsimporteure erklärt, sie würden „die Unterzeichnung neuer Aufträge aussetzen“, und 28 % der Unternehmen haben begonnen, ihre Lieferketten neu zu bewerten und erwägen die Verlagerung von Aufträgen nach Mexiko und in zentralamerikanische Länder, die nicht von Zöllen betroffen sind. Allerdings ist die Produktionskapazität in diesen Regionen begrenzt (sie können nur 15 % der US-Bekleidungsimporte aufnehmen), sodass es schwierig ist, die Marktlücke, die Bangladesch und Sri Lanka hinterlassen, kurzfristig zu schließen.
Darüber hinaus werden die US-Verbraucher letztlich die Zeche zahlen. Daten des US Bureau of Labor Statistics zeigen, dass der US-Verbraucherpreisindex (VPI) für Bekleidung seit 2024 im Vergleich zum Vorjahr um 3,2 % gestiegen ist. Die anhaltende Zollpolitik könnte bis Jahresende zu einem weiteren Anstieg der Bekleidungspreise um 5 bis 7 % führen und den Inflationsdruck weiter verstärken. Bei einkommensschwachen Bevölkerungsgruppen machen die Ausgaben für Bekleidung einen relativ hohen Anteil des verfügbaren Einkommens aus (ca. 8 %). Steigende Preise wirken sich direkt auf ihre Konsumfähigkeit aus und dämpfen damit die Nachfrage auf dem US-amerikanischen Bekleidungsmarkt.
IV. Wiederaufbau der globalen Textilversorgungskette: Kurzfristiges Chaos und langfristige Anpassungen koexistieren
Die US-Zollerhöhungen gegen Bangladesch und Sri Lanka sind im Wesentlichen ein Mikrokosmos der „Geopolitisierung“ der globalen Textillieferkette. Kurzfristig hat diese Politik zu einer „Vakuumzone“ in der globalen Lieferkette für Bekleidung im mittleren bis unteren Preissegment geführt – Auftragsverluste in Bangladesch und Sri Lanka können kurzfristig nicht vollständig von anderen Ländern aufgefangen werden, was bei einigen US-Einzelhändlern zu „Lagerengpässen“ führen könnte. Gleichzeitig wird der Niedergang der Textilindustrie in diesen beiden Ländern auch die Nachfrage nach vorgelagerten Rohstoffen wie Baumwolle und Chemiefasern beeinträchtigen, was indirekte Auswirkungen auf Baumwollexportländer wie die USA und Indien hat.
Langfristig könnte sich die globale Textillieferkette schneller in Richtung Nearshoring und Diversifizierung anpassen: US-Unternehmen könnten weitere Aufträge nach Mexiko und Kanada verlagern (wo sie im Rahmen des Nordamerikanischen Freihandelsabkommens Zollpräferenzen genießen), europäische Unternehmen könnten ihre Beschaffungen aus der Türkei und Marokko erhöhen, während chinesische Textilunternehmen, die sich auf ihre Vorteile einer vollständigen industriellen Kette (ein komplettes System vom Baumwollanbau bis zur Herstellung des fertigen Produkts) stützen, einige Aufträge im mittleren bis oberen Preissegment (wie Funktionsstoffe und umweltfreundliche Kleidung) aus Bangladesch und Sri Lanka übernehmen könnten. Dieser Anpassungsprozess wird jedoch einige Zeit in Anspruch nehmen (schätzungsweise ein bis zwei Jahre) und mit erhöhten Kosten für den Wiederaufbau der Lieferkette einhergehen, sodass es schwierig sein wird, die aktuellen Turbulenzen in der Branche kurzfristig vollständig zu lindern.
Für chinesische Textilunternehmen im Außenhandel birgt diese Zollkrise sowohl Herausforderungen (die Bewältigung der schwachen globalen Nachfrage und des Wettbewerbs in der Lieferkette) als auch versteckte Chancen. Sie können die Zusammenarbeit mit lokalen Fabriken in Bangladesch und Sri Lanka (z. B. durch technische Unterstützung und gemeinsame Produktion) intensivieren, um US-Zollschranken zu umgehen. Gleichzeitig können sie die Erschließung aufstrebender Märkte wie Südostasien und Afrika verstärken, die Abhängigkeit von einem gemeinsamen Markt in Europa und den USA verringern und sich so eine günstigere Position beim Wiederaufbau der globalen Lieferkette verschaffen.
Veröffentlichungszeit: 16. August 2025